Ein riesiges Dankeschön an alle, die letzte Woche auf mein Aufruf reagiert haben! Alle Teile haben ein gutes neues Zuhause gefunden und werden versendet, sobald die extragroßen Versandkartons eintreffen. Wie bei jeder Logistik scheint dies heutzutage etwas länger zu dauern als normal. Bitte habt etwas Geduld. Und jetzt: Besuchen wir einige wunderschöne mittelalterliche Goldstickereien aus der Kathedrale von Lausanne, die derzeit im Bernischen Historischen Museum in der Schweiz aufbewahrt werden. Wenn mittelalterliche Stickereien dein Ding sind, ist dies ein Museum, das du unbedingt besuchen solltest. Neben den Gewändern der Kathedrale von Lausanne und vielen anderen ist im Museum auch das Grandson-Antependium aus dem 13. Jahrhundert permanent ausgestellt. Das goldenen Ornat aus der Kathedrale von Lausanne besteht aus einem Chormantel (Inv. 307, jetzt ausgestellt), einer Kasel (Inv. 39) und zwei Dalmatiken (Inv. 38 und 40). Die Stickereien wurden zwischen 1513 und 1517 wahrscheinlich in Brüssel, Belgien, hergestellt. Dieses teure Gewänderset aus italienischen Stoffen und sehr hochwertigen Aurifriese aus den Niederlanden wurde von Bischof Aymon de Montfalcon von Lausanne in Auftrag gegeben. Aymon hatte eindeutig genug Geld! Da Maria auf vielen Aurifriese prominent abgebildet ist, wird deutlich, dass die Gewänder immer für die Kathedrale von Lausanne bestimmt waren, die Unserer Lieben Frau geweiht ist. Die Entwurfszeichnungen auf dem Leinen unter der Stickerei wurden mit schwarzer und roter Tinte erstellt. Die richtige Schattierung wird auch mit der Tinte angezeigt. Unter diesen Stickereien befindet sich keine vollfarbige Zeichnung. Es ist eine mehr oder weniger spärliche Zeichnung mit monochromen Schattierungen. Genug, damit der Sticker bei seiner Arbeit unterstützt wurde, aber nicht so stark, dass es die Gewebefäden des Leinenstoffs verdeckte und die eigentliche Stickerei schwieriger machte. Es ist wichtig, dass der Sticker die Gewebefäden des Stoffes noch sehen kann, da die Nadelmalerei eher der chinesischen Nadelmalerei (sehr ordentlich und gezählt) ähnelt als die Art der Nadelmalerei wie sie etwa an der Royal School of Needlework gelehrt wird (da werden die Stiche nach Lust und Laune platziert). Obwohl alle Aurifriese auf allen vier Gewändern eindeutig zusammengehören und somit ungefähr zur gleichen Zeit am selben Ort entstanden sind, unterscheiden sie sich doch geringfügig in der Ausführung der Sticktechniken. Ich bin sicher, dass man mehrere verschiedene Sticker unterscheiden könnten, wenn diese Aurifriesen eingehend studiert werden. Die Entwürde unterscheiden sich auch stilistisch erheblich und wurden eindeutig von mehreren zeitgenössischen Malern wie Gerard David, Bernard van Orley und Cornelis Engebrechtsz inspiriert. Einfache niederländische Aurifriesen mit einem Heiligen bestehen oft aus zwei oder mehr zusammengenähten Teilen: ein separater Heiliger, der auf einen gestickten Hintergrund appliziert wird (von dem einige sehr dimensionale Elemente auch appliziert sein können). Die komplexeren Aurifriesen des goldenen Ornats sind meist in einem Stück gearbeitet, nur einige Figuren sind appliziert. Dies ist wahrscheinlich einfacher (und damit schneller), wenn es viele teilweise überlappende Figuren in einer einzigen Szene gibt. Die Rückseite der Aurifriesen wurde durch Aufkleben von gebrauchtem Papier (Briefe, Rechnungen etc.) versteift. Interessanterweise fehlt bei diesen Aurifriesen das echte or nue. Stattdessen werden die meisten Figuren in einer Art der Nadelmalerei gestickt. Bei den Hauptfiguren im Vordergrund können Teile ihrer Kleidung aus Goldfäden bestehen. Die horizontal gelegten Goldfäden sind jedoch mit goldfarbenen Seiden in ein Fugenmuster aufgenäht. Die Falten werden mit einigen einfachen Linienstichen in farbigen Seiden akzentuiert. Ich habe für diese spezielle Sticktechnik den Begriff „Pseudo or nue“ geprägt. Es wird oft verwendet auf Aurifriesen aus Deutschland, aber selten bei denen aus den Niederlanden. Echtes or nue kann fantastische Schattierungen erzeugen und Dreidimensionalität suggerieren. Pseudo or nue kann dies dagegen nicht leisten. Einzigartig sind auch die floralen Rahmen um die Aurifriesen. Bisher ist mir noch kein ähnliches Muster mit farbigen Blumen begegnet. Dies könnte ein Markenzeichen dieser speziellen Stickwerkstatt gewesen sein.
Wenn du mehr über die goldenen Gewänder der Kathedrale von Lausanne erfahren möchten, kaufe bitte die Museumspublikation „Himmel und Hölle in Gold und Seide“ von Annemarie Stauffer. Es gibt auch eine französische Version. Das Buch enthält detaillierte Bilder und Beschreibungen der Aurifriesen aller vier Gewänder. Auch das Einführungskapitel ist sehr gut geschrieben. Du kannst das Buch (22 Franken) direkt im Museumsshop per E-Mail bestellen. Bitte denke daran: Wenn du direkt beim Museum bestellst, unterstützt du das Museum finanziell. Etwas, das Museen nach den vielen Schließungen während der Pandemie wirklich gebrauchen können!
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